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Kain und Abel

Zeichnungen und Gemälde von Peter König

5. Biennale der Zeichnung in der Metropolregion Nürnberg, Bürgerhaus Schwabach

Ansprache zur Ausstellungseröffnung

von Barbara Leicht M.A.

Peter König präsentiert auf dieser 5. Biennale der Zeichnung in der Metropolregion einen Blick auf verschiedene Zeichnungen und Gemälde, die er mit dem Titel des alttestamentarischen Brüderpaars Kain und Abel überschreibt.

Es ist erstaunlich wie kraftvoll er Körperlichkeit in den Zeichnungen und neuerdings Farbigkeit in den Acrylbildern künstlerisch umsetzt.
Am Anfang jedoch war das Schwarz-Weiß, mit dem sich der junge Künstler schon zu Akademiezeiten dem Diktat der Farbe entzog und jene konsequent unbeachtet ließ. Eine Anti-Haltung gegenüber der konservativen Malerei seines Vaters, der als Kunstmaler im Auftrag figurativ und dekorativ arbeitete. Dieser Extremismus, keine Farbe, alles nur annähernd Geschmäcklerische meidend, bereitete ihm den manchmal schwierigen Weg, um stringent seinen eigenen authentischen Ausdruck zu verfolgen.

Das Resultat erstreckt sich mittlerweile über rund vier Jahrzehnte und zeigt hochkarätige und hervorragend erkennbare Werke, meist großformatige Bleistiftarbeiten und kleinformatige Kugelschreiberzeichnungen auf dünnem Kalenderpapier. Durch all dies wurde er zu einem der prominentesten Zeichner seiner Generation.

Die zwei Blätter „Zeige mir deine Wunden 1+2“ stammen aus den Jahren 2009 und 2010, die „Pietá“ von 2012. „Zeige mir deine Wunden“ hat im Entferntesten mit der Beuysschen Installation „Zeige Deine Wunde“ zu tun. Diese umstrittene Arbeit befindet sich im Lenbachhaus. Aber die Inhalte berühren sich dennoch. Die Installation von Josef Beuys zeigt das Leid des Menschen und die Hoffnung auf seine Heilung nur durch Bahre, Krücken, Tafeln, Thermometer etc. Die Figuration ist durch Gegenstände von menschlicher Proportion und Gebrauch immanent und nicht sichtbar. Beuys gilt als zutiefst religiös geprägt. Für ihn selbst bedeutete das Werk gewissermaßen die Überwindung der Todesstarre.

In den beiden Werken „Zeige mir Deine Wunden“ chiffriert Peter König eigene Erfahrungen und zeigt seelische Verletzungen auf seine Weise durch die Öffnung der Körperhülle seiner Halbportraits. Dort offenbaren sich maschinelle Formen. Eine Menschmaschine, deren Funktionstüchtigkeit er hinterfragt, obschon er mit einem stolzen Blick entgegenzusetzen scheint, sich nicht unterkriegen lassen zu wollen.

Auch die „Pietà“ ist ein Bild des Leidens, das wir unter diesem Terminus als Vesperbild der trauernden Muttergottes mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß kennen. Peter König vermittelt auch in diesem Werk seine eigene Ikonografie und begreift die Darstellung aber ohne Figurengruppe. Er zeigt entgegen dem christlichen Bild nur ein Händepaar, bei dem ein immens massiver Nagel den Arm oberhalb des Handgelenks durchdringt. Die zweite Hand scheint tröstend zu helfen – Leid, Mitleid, Hoffnung.

In hoher Subtilität widmet sich der Künstler organischer und anorganischer Stofflichkeit, in den Zeichnungen mit auf verschiedene Papiersorten und Bleistift reduzierten Mitteln. Er vollbringt es in virtuoser Zeichenkunst, die Beschaffenheit von Haut und Papier fühlbar zu machen, grenzt technoide Materialien davon ab und schafft sinnlich-ästhetische Zusammenhänge, dicht und doch differenzierend, bald fotorealistisch und doch manieriert in brillanter, unverkennbarer Weise. Sein Werk bewegt sich in einem interessanten Feld zwischen figurativer und konstruktiver Kunst.


Während eines Frankreichaufenthaltes im Jahr 2014 wurde Peter König mit dem Nachwirken des 1. Weltkrieg bis heute in der französischen Bevölkerung konfrontiert. Dieser Krieg verzeichnete rund 17 Millionen Opfer auf der ganzen Welt. Auch nach 100 Jahren noch steckt der Schrecken in den Knochen der Menschen, denn annähernd jede Familie in Deutschland und Frankreich kann Ahnen nennen, die im 1. Weltkriegs ihr Leben lassen mussten. Im Bewusstsein dessen und in Wahrnehmung der Analogien, die sich in der zeitgenössischen Geschichte gerade abspielen und vor dem Hintergrund seines Traumas, als er im Alter von sechs Jahren seinen ein Jahr jüngeren Bruder durch Scharlach verlor, verspürte Peter König den Drang all dies unter dem eingangs erwähnten Begriff des Brudermords ästhetisch zu bündeln und sich Trauer und Betroffenheit aus der Seele zu malen. 60 Jahre lang trug er die Schuldfrage in sich, warum er den Scharlach überlebte und nicht sein Bruder.

Der 1. Weltkrieg und tausende Giftgasopfer.

Der Chlorgaseinsatz in Ypern.

100 Jahre danach der Krieg in Syrien und der nachgewiesene Einsatz von Chlorgas und Sarin in den Städten Ghuta, Chan Schaichun, Duma und Saraqeb zwischen 2013 und 2018, obschon die United Nations Giftgas ächten. Ein Krieg, in dem Kinder und Erwachsene so elend und jämmerlich ums Leben gekommen sind.

In seinen aktuellen Arbeiten setzt sich König wegen des Todes seines Bruders und der vielen Toten in den Kriegen mit einem archaischen Thema auseinander, das bis heute keine Gültigkeit verloren hat: der Brudermord.

In Syrien soll Kain seinen Bruder Abel am Berg Jabal Arbain erschlagen haben. Der erste Mörder nach dem Paradies, dessen Eltern Adam und Eva die Sünde über die Menschen gebracht haben.

Gewahr dieser grausamen Analogie explodierte Peter Königs Kolorit wie zum Signal. Das Ergebnis seiner intensiven intellektuellen und künstlerischen Beschäftigung besticht durch Farbe und Form, durch Komposition, Konzept und Kontraste.

Die Bildtitel verweisen auf die syrischen Städte, die König mit dem Thema verklammert.

Wie auch schon in der Pietà zeigt er nicht die traditionelle Ikonografie des Geschehens, d.h. keine Szene des Brudermords wird sichtbar, sondern er beschränkt sich auf eine den Bildraum füllende, zum Bersten angespannte Situation, eine Blickführung, in der er uns zwischen flächigen Konstrukten und naturalistisch-manierierter Auffassung der Physiognomie und der Anatomie von Kain und Abel hin- und herspringen lässt.

Sphingenklauen weisen auf Mesopotamien und Syrien hin, der Herkunftsregion der Brüder und des Krieges. Sie dienen als Zwitterwesen, um die Brisanz der Lage zu erhöhen, denn es lässt sich nicht feststellen, wer von beiden der Mörder sein wird, denn die Brüder befinden sich auf gleicher Höhe.

Sie sehen einander nicht an, sie berühren einander nicht. Maschinell anmutende, lineare Symbole für Kommunikation stecken in ihren Hälsen fest. Ein Bild für die Erbschuld und die Tatsache, dass niemand von uns frei ist von Sünde.

Peter König bleibt sich treu:

Betrachtet man die Flächenaufteilung seiner Zeichnungen, sieht man die Anlage für die konstruktiven Kompositionen seiner in Primärfarben gehaltenen Gemälde. Zwar muten diese symmetrisch an, sie sind es aber nicht.

König provoziert durch subtile Asymmetrien die Aufmerksamkeit des Betrachters. In gleicher Weise wie in seinen Bleistiftarbeiten überzeichnet er naturalistische Details und setzt extreme Glanzlichter auf sie. Eine Bühne öffnet sich, doch der Betrachter bleibt Publikum und damit auf Distanz – die horizontal angelegte Komposition riegelt sich ein Stück weit hermetisch ab.

Ein intensiver Denkraum entsteht zwischen Bild und Betrachter, der reflektieren kann, wie der Mensch mit seinen Brüdern umgeht.

Auf einem einzigen kleinen Format zeigt sich die Hoffnung in klassischem Grün und die personifizierten Religionen reichen sich diagonal verschränkt die Hände. Sie wiederum sind frontalansichtig und öffnen sich zum Betrachter hin.

Im Grunde genommen springt der Künstler auf die Tradition mittelalterlicher Primärfarbenmalerei auf und die des Konstruktivismus und der Konkreten Kunst. Wie in den Zeichnungen zeigt er seine authentische Handschrift und eigene Ikonografie auch in der Malerei.

In jener lassen sich, trotz leuchtender Farben und malerischer Behandlung der Flächen, zeichnerische Elemente finden. Das Skizzenbuch in der Vitrine ist Zeuge davon. Es zeigt die Anlage des jüngsten Werks.

Denn das Inkarnat, das er durch Licht und von der Natur wegdriftende Farbigkeit gewissermaßen transzendiert, weist nahezu die gleiche zeichnerische Akkuratesse auf, wie die schwarz-weißen Arbeiten.

Peter König zeigt seine außergewöhnliche künstlerische Position, die die 5. Biennale der Zeichnung hochkarätig bereichert.

 

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